Worum geht es bei der Entscheidung?
Geklagt hat hier der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gegen das Mobilfunkunternehmen „Klarmobil“ auf Unterlassung.
Die Beklagte hatte auf ihrer Internetseite für „All-Net-Flat“-Tarife geworben. Alle Gespräche in das deutsche Mobilfunk- und Festnetz sollten hiervon erfasst sein. Allerdings waren Rückrufe aus der Mobilbox sowie sogenannte Mehrwertdienste, Sonderrufnummern und Rufumleitungen ausgenommen. Diese Ausnahmen konnten die Kunden jedoch erst in einem Informationsfeld sehen, dass sich erst nach Anklicken des Begriffs „rechtliche Hinweise“ am Ende der Homepage öffnete.
Der Kläger begehrt nun von der Beklagten Unterlassung dieser von ihm als unzulässig empfundenen Werbung.
Welche Positionen vertreten die Parteien?
Die Beklagte ist der Ansicht, dass man hier von „überraschend“ nicht sprechen könne. Schließlich sei die Regelung über die Kostenpflicht von Anrufen aus dem Anrufbeantworter ja auch so explizit zwischen den Vertragsparteien vereinbart worden, was sich im Übrigen auch aus dem Vertragstext und der bestätigenden Unterschrift der Kunden hierunter ergebe.
Der Kläger vertritt die Auffassung, dass die Werbung des Beklagten einen völlig falschen Eindruck über die Kosten erwecke. Ausnahmen von der Flatrate seien nicht direkt erkennbar. Man dürfe nicht erst umständlich durch Anklicken eines Buttons am Seitenende auf die Ausnahmen von der Flatrate gelangen. Zumal diese in ihrer Ausgestaltung auch noch völlig überraschend und vernünftigerweise von keinem zu erwarten seien.
Dieser Sichtweise hat sich auch das Landgericht Hamburg hier angeschlossen. Dennoch hat es festgestellt, dass eine Werbung für eine kostenlose Flatrate nicht gleichbedeutend damit ist, dass es keine kostenpflichtigen Extras in diesem Vertrag mehr geben könne. Vernünftigerweise erwarte der Verbraucher auch keine kostenlosen Extras bei dem Buchen eines Flatrate-Tarifes.
Ist die Sache höchstrichterlich entschieden?
Hier hat das Landgericht Hamburg in erster Instanz entschieden. Innerhalb der Rechtsmittelfrist wurde allerdings keine Berufung eingelegt. Somit wird es keine weitere Entscheidung in dieser Angelegenheit mehr geben.
Wie wirkt sich die Entscheidung am Ende auf die Verbraucher aus?
Dieses Urteil wird die Mobilfunkanbieter zu mehr Transparenz und Wahrhaftigkeit ihrer Tarifangaben veranlassen. Dennoch zeigt das Landgericht auch hier, dass es durchaus gewisse Unternehmerfreiheiten sieht und auf einen grundsätzlich mündigen Verbraucher abstellt, der zum Beispiel nicht erwarten darf, dass Extras auch bei einer Flatrate kostenlos sind.
Ist das Urteil gut?
Ja. Daumen uneingeschränkt nach oben. Es ist schon eine Frechheit, zunächst von einem Flatrate-Tarif zu sprechen und dann Anrufe aus dem Anrufbeantworter - für alle völlig unerwartet und überraschend- mit den normalen Kosten abzurechnen.
Was können Verbraucher jetzt tun?
Augen auf beim Mobilfunk-Kauf! Verbraucher sollten bei den von Ihnen favorisierten Handytarifen auch immer auf Zusatzbestimmungen achten. Erst nachdem auch das gesamte Kleingedruckte, insbesondere die allgemeinen Geschäftsbedingungen gelesen wurde und sicherheitshalber noch einmal beim Mobilfunkanbieter mündlich nachgefragt wurde, kann der Verbraucher Gewissheit über die genaue Tarifbeschaffenheit und Aussagekraft der ausgelobten Preise für das eigene Nutzerverhalten haben. Darüber sollte man sich als Verbraucher im Klaren sein. Bei Handyverträgen scheint eine gesunde Portion an Misstrauen bezüglich der Werbeversprechen von Vertragsanbietern angebracht.
Wo ist das Urteil zu finden?
Das Urteil des Landgerichts (LG) Hamburg vom 30.09.2021 hat das Aktenzeichen AZ 416 HKO 94/21.
Stand: Januar 2022